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Brain – der lernende Chatbot

Brain – der lernende Chatbot

Erinnert sich noch jemand an ELIZA? Das 1966 von Joseph Weizenbaum entwickelte Sprachprogramm gilt als Vorläufer der Chatbots und erfreute seine Anwender vor allem mit pseudo-psychotherapeutischen Rückfragen: „Ich fühle mich unverstanden!“ – „Sie meinen also, dass Sie niemand versteht?“ etc. Seitdem ist die Entwicklung der Chatbots natürlich nicht stehengeblieben, und längst gibt es auf vielen Websites virtuelle Berater, die teils schon Kultstatus erlangt haben: etwa die permanent duzende Anna von IKEA oder auch die Bundeswehr-Karriereberaterin Stefanie Fischer.

Ein neues, gelungenes „Just for Fun“-Projekt ohne kommerziellen Hintergrund ist Brain, der lernende Chatbot mit künstlicher Intelligenz. Im Gegensatz zu simpleren Programmen dieser Art, die nur Frage-Antwort-basiert arbeiten, merkt sich Brain auch in längeren Dialogen alle Usereingaben und stellt so teilweise verblüffende Bezüge her. Dabei ist er witzig, manchmal auch sehr frech und hat teilweise verblüffende Ansichten über sich selbst: „Ich bin ein Brotbackautomat, der zufällig auch chatten kann.“ Manchmal neigt er auch zu Dada-Antworten, allzu ernste, zusammenhängende Gespräche sollte man nicht erwarten.

Auf der Website kann man sich kostenlos registrieren lassen und wird dann persönlich angesprochen, man kann aber auch als „Gast“ einfach draufloschatten. In jedem Fall lohnt sich ein Blick in die Rubrik BEST OF, wo die besten und amüsantesten Dialoge abgespeichert sind.

http://www.thebot.de

Dana - Blog für persönliche Produkte

Dana - Blog für persönliche Produkte

Das Schöne an Weblogs ist ja, dass jede noch so abseitige Sammelleidenschaft damit abgedeckt werden kann, zum Beispiel das Sammeln von Produkten, die weibliche Vornamen tragen: Ob der Apfelsaft Samanta, die Tischwäsche Paulina oder die Meterware Berta – hier sind sie alle versammelt und fotografisch dokumentiert.

Wenn man genauer hinschaut, kann man schon eine subtile Konsumkritik entdecken, die darin liegen könnte, die Unbeholfenheit der Versuche zu entlarven, langweilige Allerweltsprodukte mit glanzvollen »Damennamen« aufzuwerten. Muss man aber nicht, das Blog macht auch so einfach Spaß.

http://www.damennamen.de

nur-wetter.de

nur-wetter.de

Politik, Kultur, Zeitgeschehen, selbst die neuesten Ereignisse im Sport verblassen regelmäßig gegenüber der Frage aller Fragen: Wie wird das Wetter? Nun gibt es im Internet Websites zuhauf, die diese Frage beantworten, doch auf vielen dieser Seiten sieht man sich unversehens in einem Verhau von Werbeanzeigen und Pop-up-Fenstern gefangen.

Dass es auch anders geht, beweist die Site nur-wetter.de, deren Name ganz und gar programmatisch zu verstehen ist. In schlichtem, aber aufgeräumtem Design lacht einem hier (hoffentlich) ein Sonnensymbol entgegen, und mit einem Blick hat man, falls sich die Meteorologen nicht irren, das Wetter der nächsten vier Tage im Blick.

Anhand der Providerkennung zeigt die Site automatisch das Wetter für die eigene Stadt an, sollte das nicht klappen, kann man durch Eingabe der Postleitzahl nachhelfen – und sich so natürlich auch das Wetter für andere Städte anzeigen lassen. Eine Site, die nicht viel kann, das Wenige aber richtig. Es sollte mehr davon geben.

http://nur-wetter.de

Temponaut Zeitraffer-Videoarchiv

Temponaut Zeitraffer-Videoarchiv

Herr über die Zeit sein, sie anhalten oder sie beschleunigen: Zumindest mittelbar wird dies durch das Medium Film ermöglicht. Als die Bilder laufen lernten, entdeckte man schon bald die interessanten Möglichkeiten von Zeitlupe und Zeitraffer zur Dokumentation dessen, was dem menschlichen Auge aufgrund der Schnelligkeit oder Langsamkeit der Bewegungsabläufe ansonsten verborgen bliebe, oder auch einfach zur Belustigung und Unterhaltung.

Das Videoarchiv Temponaut hat etliche kleine Zeitraffer-Filmchen archiviert, die neue und verblüffende Sichtweisen auf Alltägliches bieten und kleine Geschichten vom Werden und Vergehen erzählen. Man sieht Blumen aufblühen und verwelken, Sonne oder Mond unter- oder aufgehen, kann sich das faszinierende Spiel der Wolken ansehen, oder man schaut sich das bunte Treiben auf dem Münchener Oktoberfest im Schnelldurchlauf an.

Das Archiv ist übersichtlich geordnet in Rubriken wie Wolken, Wasser, Pflanzen oder Tiere und hält die kurzen, zumeist weniger als 1 Minute langen Filme im Flash-Format bereit. Über den Menüpunkt „Showreel“ kann man einen schönen Zusammenschnitt der am häufigsten visualisierten Themen ansehen. Eine schöne Website, um einen kleinen Ausflug in die faszinierende Welt der beschleunigten Bilder zu machen.

http://www.temponaut.de

Playboy Archive

Playboy Archive

Genau 53 Ausgaben zwischen 1954 und 2006 stellt der Playboy in diesem innovativ gestalteten Archiv zur Verfügung, und zwar Seite für Seite, inklusive zeitgenössischer Anzeigen, Party-Witze und natürlich Bunnys. Das Auswählen und Durchblättern der Hefte erfolgt über eine intuitive Steuerung, der man sich durch Ausprobieren langsam nähern muss.

Entstanden ist so ein Stück Print- und Kulturgeschichte, das die Moden, Schönheitsideale und Moralvorstellungen im Wandel der Jahrzehnte exemplarisch widerspiegelt. Kleiner Wermutstropfen: Es handelt sich um englische Ausgaben. Aber wer liest im Playboy schon die Texte …?

http://www.playboyarchive.com

The Sheep Market

The Sheep Market

„Zeichne mir ein Schaf!“ Als Einleitung zum illustrierten Märchen „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry hat es diese Bitte zu Berühmtheit gebracht. Der so gebetene Flieger hilft sich nach einigen missglückten Versuchen bekanntermaßen aus der Patsche, indem er eine Kiste zeichnet, in der sich das Schaf befände.

Ebendiese Aufforderung haben die Macher des Web-Art-Projektes „The Sheep Market“ an die Mitarbeiter des Künstliche-Intelligenz-Projekts „Mechanical Turk“ von Amazon gestellt. 0,02 Dollar bekamen sie für die Zeichnung eines nach links gewendeten Schafes, wobei die durchschnittliche Bearbeitungszeit 105 Sekunden pro Schaf betrug. Das Ergebnis: Eine virtuelle Herde von 10.000 Schafen, von denen keines dem anderen gleicht.

Auf der Startseite präsentiert sich die Schafherde als abstrakte Pixelansammlung; fährt man mit dem Mauszeiger darüber, sieht man die Schafe vergrößert. Der Clou: Klickt man eines an, wird der Vorgang des Zeichnens in Echtzeit wiederholt, man wird Zeuge des kreativen Prozesses. Bemerkenswert ist die Vielfalt der künstlerischen Herangehensweise, die von dilettantisch bis ambitioniert, von der primitiven Strichzeichnung bis zu wahren kleinen Meisterwerken, von einer möglichst naturalistischen Wiedergabe bis zu eher abstrakten Umsetzungen reicht.

http://www.thesheepmarket.com

VerkehrsmittelVergleich.de

VerkehrsmittelVergleich.de

Nicht immer ist die entscheidende Frage des Reisenden, wie er am schnellsten von A nach B kommt, mitunter ist wichtiger, wie man dies am günstigsten bewerkstelligt. Wobei zu beobachten ist, dass sich die Preise von zum Beispiel Flugzeug und Bahn einander immer weiter annähern. Dank eines Spin-off-Projekts der RWTH Aachen, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird, kommt man für den Vergleich für Reisen innerhalb Deutschlands jetzt mit einer einzigen Seite aus: VerkehrsmittelVergleich.de.

Die Anwendung gibt keine Rätsel auf: Start- und Zielort sowie gewünschtes Reisedatum eingeben, und schon wird eine Rangliste der günstigsten Verbindungen ermittelt: Berücksichtigt werden hierbei das eigene Auto, Bahn, Flug, Fernbus, Taxi und Mitfahrgelegenheit. Wie eine Meta-Suchmaschine scannt das Tool daraufhin pfeilschnell die Angebote von Airlines, Bahnverbindungen und Mitfahrzentralen ab. Besonders angenehm: Man wird von aufdringlicher Werbung verschont.

Im angeschlossenen Blog erfährt man nicht nur, was die Macher Neues planen – unter anderem ist eine Erweiterung auf ganz Europa in Arbeit –, sondern regelmäßig werden auch Sonderaktionen und interessante Angebote rund ums Reisen gepostet. Stolz verweist das Team hier auch auf die bereits zahlreichen gewonnenen Preise und Auszeichnungen.

http://www.verkehrsmittelvergleich.de

The Sartorialist

The Sartorialist

Was ist ein Sartorialist? Es ist jemand, der stilbewusst ist und an seine Kleidung und sein Äußeres hohe Ansprüche stellt. Das gleichnamige Weblog setzt eine auf den ersten Blick simple Idee um: Initiator Scott Schuman spricht in den Modemetropolen New York, Paris und Mailand Menschen an, die ihm aufgrund ihrer extravaganten Ausstrahlung oder ihres Kleidungsstils auffallen, und fragt sie, ob er sie fotografieren kann. Das Ergebnis lässt sich in vielen, vielen interessanten Porträts auf der Website besichtigen.

Das Besondere der Fotogalerie offenbart sich schnell: Schuman lässt sich nicht blenden von Haute Couture, sondern für ihn zählt allein Individualismus, gepaart mit dem Mut, aufzufallen. Seine Models sind alt oder jung, lässig oder elegant, weiblich oder männlich, haben aber stets „das gewisse Etwas“, das man in den Hochglanzmagazinen der Modebranche oft vergeblich sucht.

Und so wundert es nicht, dass die Site von Scott Schuman besonders gerne von Modemachern und Trendscouts besucht wird und sich unterdessen sogar mit der Auszeichnung „Top 100 Design Influencers“ des Time Magazine schmücken kann. Und auch abseits des Modeaspekts beeindruckt die Galerie als Panoptikum interessanter Charaktere im urbanen Raum.

http://www.thesartorialist.com

Artificial Owl - abandoned man-made creations

Artificial Owl - abandoned man-made creations

Es ist nicht die erste Website, die wir zu diesem Thema vorstellen, aber vielleicht die schönste: In Gestalt eines Weblogs sammelt Artificial Owl Fotos von verlassenen Objekten, Orten und Gebäuden, Dokumente des Zerfalls.

Faszinierend ist die Vielseitigkeit der fotografischen Dokumente, deren Spektrum von Schiffs-, Eisenbahn- und Flugzeugwracks über marode Denkmäler bis hin zu den geisterhaften Orten im Sperrgebiet um Tschernobyl reicht. Melancholie der Morbidität und Lust an Destruktion reichen sich hier die Hand.

http://www.artificialowl.net

Hardformat - Höhepunkte des Verpackungsdesigns

Hardformat - Höhepunkte des Verpackungsdesigns

Schallplattencover waren schon immer eine besondere Kunstform, und einige haben es zu großer Berühmtheit gebracht: Man denke etwa an die Banane von Andy Warhol (für The Velvet Underground), an das Reißverschluss-Cover des „Sticky Fingers“-Albums der Rolling Stones oder an den berühmtesten Zebrastreifen der Popgeschichte auf dem Beatles-Album „Abbey Road“.

Durch die CD sind die Cover leider sehr viel kleiner geworden, und bei MP3s fallen sie gleich ganz weg. Dass es aber auch heute noch Beispiele hervorragender Verpackungskunst gibt, illustriert die Website „Hardformat“, die sich bewusst auf zeitgenössische CDs und DVDs konzentriert. Da ist etwa „Minimum Maximum“ von Kraftwerk, ein Live-DVD-Set in Gestalt eines aufklappbaren Laptops, oder Jazzanova, deren dreidimensional zerschnittenes, mehrfach aufklappbares CD-Cover von „In Between“ den Titel als Skulptur feiert.

Die Liebe zum Medium zeigen die Macher der Site besonders bei den „K&D Sessions“ von Kruder und Dorfmeister, einem der wohl stilbildendsten Alben der Lounge-Musik: Hier musste als Fotoobjekt ein reichlich zerfleddertes Exemplar aus der örtlichen Bücherei herhalten, schon durch Hunderte von Musikliebhaber-Händen gegangen. Denn wahre Kunst wird nicht für die Vitrine geschaffen.

http://www.hardformat.org