Der Mann mit dem Horn. Holger Czukay posiert auf seiner 93er CD mit allerlei Ikönchen und Symbölchen im Dürer-Look-a-like-Contest. Dieser Mann will einfach nicht hip sein, lässt seine Platten lieber wie große Käseräder reifen, um sie dann haargenau am Markt vorbei zu lancieren. Natürlich bringt er dabei wieder alte Freunde mit, Jaki Liebezeit etwa, oder Jah Wobble. Große Improvisationsexzesse oder Soundspielkram scheinen geCANcelt zu sein, Czukay begibt sich lieber auf die Spuren der Enos dieser Welt und macht Musik für Menschen, die keine Musik hören möchten. Diese Musik hört man nämlich kaum, sie atmet zwar die gleiche manufakturierte Perfektion (no sequenzer!) wie die Steininseln eines buddhistischen Zen-Gartens, aber der Zen-Garten ist weniger beredt, eindeutig.
Worte wie „Cyberspace“ fliegen einem entgegen wie die geflügelten Toaster des Bildschirmschoners, und in den mehr als 20 Minuten von „Rhythms Of A Secret Life“ scheint alles irgendwie zum Stillstand kommen zu wollen, die tröpfelnden Gitarren genauso wie das immer wieder den Weg um die nächste Ecke weisende Schlagzeug. Es ist vierzig Grad in Nevada, und Czukay setzt ganz auf das floating seiner Töne ins Unbewusste. „Radio In An Hourglass“ heißt ein anderer, kürzerer Titel: in ein atmosphärisches Grundrauschen eingezwängte Orient-Sounds, die nach Beachtung betteln. Aber, wie gesagt, so richtig hören tut man diese Platte ohnehin nicht. Man spürt sie. Traue keinen großen weisen Männern, die Dir was von Galaxien erzählen. Aber respektiere sie!
Holger Czukay: Moving Pictures
CD, 1993, SPV-Records