„Wenn Der Plan wüsste, was er wollte, wenn er einen definierten Stand in der Welt hätte, dann wäre wohl auch unser Bedürfnis größer, zum Nachdenken anzuregen“, meinte Anfang der 90er Jahre Frank Fenstermacher, Ata Tak-Labelchef und Sänger von Der Plan. Und genau das ist das Verwirrende am Plan: Er will sich ums Verrecken nicht festlegen, bewegt sich lieber willkürlich sprunghaft zwischen schwerer Symbolik und Abzählreim-Texten hin und her. Ist die Welt zynisch? Oder ist es der Plan? Oder beide? Die Frage wird seit mehr als 25 Jahren konsequent offen gelassen. Ihre 1987er-Tournee war eine Mischung aus Residents-Mole-Show und pantomimischem Maskenspiel, die extravaganten Inszenierungen der Stücke erhielten ihre Qualität durch eine gewollte Reduzierung der Mittel, in einer Maskerade auf Papp-Niveau. Das Bühnen-Outfit lag dabei wie stets bei Moritz R., dessen naiv-buntes Kunstkonzept das Plan-Bild wesentlich prägt.
Anfang der 80er schrieben sie Texte wie „Da vorne steht ’ne Ampel“ oder „Hans und Gabi essen gerne Erdbeereis“ und galten damit als Mitbegründer der neuen deutschen Welle. Doch gleichzeitig waren sie Vorreiter eines neuen, unbekümmerten Umgangs mit Computern, den sie in der Folgezeit immer weiter verfeinerten und erweiterten. „Die Peitsche des Lebens“, das letzte Plan-Studioalbum von 1991 in der Ur-Besetzung, spiegelt sämtliche Facetten der Plan-Musik wider, Naiv-Unbekümmertes wechselt sich ab mit Seemanns-Shanties, ruhig-besinnlichen Soundcollagen, ausgetüftelten Rhythmen und schrägen Orgelsounds. Pelle, Petz, und Pingo – oder auch: Tick, Trick und Track – die drei vom Plan setzen sich musikalisch immer neue Masken auf, entfalten die typisch plan’sche Mischung aus Hochtechnologie und Infantilität, aus Hintergründigkeit und Ironie zu einer reifen Vielfalt, die gemessen an den avantgardistischen Anfängen fast schon glatt klingt, aber für den Rest der Welt sicher immer noch verschroben genug.
Der Plan in der Urbesetzung: Moritz R, Pyrolator und Frank Fenstermacher.
„Die Peitsche des Lebens“, das ist nach der Philosophie von Der Plan die alltägliche Zumutung von Dummheit, Klischees und Reizüberflutungen, vertont und in pittoreske Miniaturen umgesetzt nach der altbewährten Devise, dass nichts schadet, was fremdartig, drollig oder eigenartig klingt, solange es nur von einer vernünftigen Melodie zusammengehalten wird. Und Melodien haben sie, zum mitpfeifen, wenn man will, aber auch zum still und andächtig lauschen. Textlich nimmt man Abstand von den dadaistischen Plattitüden der ersten Jahre, gibt sich ironisch, hintersinnig und abgeklärt: Etwa, wenn ein Frauenchor den Sängerzeilen „Alles ist sinnlos / es gibt keinen Sinn“ entgegnet mit „Setz‘ dir ein Ziel! Tu so als ob! / Tu so als gäb’s einen Sinn und ein Ziel!“.
Das letzte Album der ersten Plan-Phase ist ein Resümee ihres Schaffens der 80er Jahre, bei der Seemannslieder und Chansons abwechseln mit Albernheiten wie „Wir Babys“, das im Prinzip nur rhythmisches Babygeschrei enthält, oder instrumentalen Miniaturen und Menuetten.
Der Plan: Die Peitsche des Lebens
CD, 1991, Ata Tak / Broken Silence