Zero 7: The Garden

Zero 7: The GardenNur die Harten kommen in den Garten. Henry Binns und Sam Hardaker, beide studierte Klangtechniker und Kern von Zero 7, legen mit „The Garden“ nach „Simple Things“ (2001) und „When it falls“ (2004) ihr drittes Album vor und untermauern einmal mehr ihren Ruf, ein geniales britisches Pendant zu den französischen Air zu sein. Wobei die Bandgeschichte lange zurückreicht: Ihren Anfang hat sie in den späten 80er Jahren, als Henry und Sam beide in den legendären RAK Studios von Mickie Most in London als Produzenten arbeiten.

Es herrscht eine eher raue Arbeitsatmosphäre, keiner macht das, was er eigentlich wirklich machen will. Henry ist mit den Young Disciples im Studio, wenige Türen weiter perfektioniert Sam den Sound der Pet Shop Boys, und Nigel Godrich, ein früher Mitstreiter, tüftelt an Songs von den Fine Young Cannibals. Treffpunkt ist zum einen die Küche, in der die drei Unmengen von Tee trinken, vor allem aber ein kleiner Studioraum unterhalb der Treppe, in dem das Trio nächtens auf dem stolz angeschafften Atari-Computer Beats programmiert.

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Kern von Zero 7: Sam Hardaker (links) und Henry Binns.

Ihre Bemühungen tragen Früchte, als Nigel Godrich Radioheads Jahrhundertalbum „OK Computer“ (1997) produziert und das Trio „Climbing up the Walls“ remixt. Mit Erfolg: Unter anderem nimmt der bekannte DJ Gilles Peterson den Remix in sein Programm auf Radio One auf, und weitere Remixes folgen, etwa für Lenny Kravitz oder für Terry Callier.

Sia FurlerDoch unentwegt arbeitet man auch an eigenen Stücken, und nach und nach entsteht das Debütalbum „Simple Things“. Die eklektizistische Downbeat-Lounge-Melange gefällt: Weltweit werden 800.000 Exemplare verkauft, und die Single-Auskopplung „Destiny“ avanciert in England zum Hit. Schon damals setzt man auf das Konzept, warme und weiche Sounds mit ausgewählten Gast-Vokalisten zu verknüpfen, und auch hier ist schon Sia Furler zu hören, die mit ihrem intensiven, emotionalen Gesang zum Wiedererkennungsmerkmal der Band geworden ist und den Stücken ganz im Wortsinne Soul einzuhauchen weiß. Fans der Bestatterfamiliensaga „Six Feet Under“ kennen sie: Mit ihrem Song „Breathe Me“ beschließt sie die melodramatische Episode „Everyone’s Waiting“.
„When It Falls“ erschien erst drei Jahre später, 2004, und ließ bereits den Trend der Band weg von reiner Elektronik hin zu mehr organischen Sounds erkennen. Ein unbeschreiblich schönes Album mit sanft dräuendem Bass und rattenfängerischen Melodien, und, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, der ideale Soundtrack, um im Flugzeug zu sitzen, auf die von der Morgensonne erleuchtete Wolkendecke zu schauen und vor sich hin zu träumen.

„The Garden“ aus dem Mai 2006 knüpft nahtlos an den Vorgänger an, ist aber weniger introspektiv, sondern die Songs werden straighter nach vorne gespielt. Auch hier sind José Gonzalez und Sia Furler für die Vocals zuständig, außerdem traut sich auch Henry Binns erstmals ans Mikro, in „Your Place“, einem sich dramatisch aufbauenden Song, der sich zunächst nur langsam plätschernd ins Bewusstsein schleicht, dann mit einem angejazzten Schlagzeug und schließlich mit furiosen Bläser- und Saxophoneinlagen zu begeistern weiß.

„The Garden“ trägt seinen Namen unter anderem deshalb, weil das Album nicht im hektischen London, sondern im beschaulichen Ort Glastonbury entstanden ist. Die musikalische Spanne reicht weit: zarter Folk bei „Left Behind“, eher soulig angehaucht „This Fine Social Scene“, elektronisch-instrumental „Seeing Things“, psychedelisch im Walzertakt „The Pageant Of The Bizarre“. An allen Enden und Ecken lauern überraschende Wendungen, Songstrukturen werden aufgebrochen und dann wieder im schönsten mehrstimmigen Harmoniegesang gefestigt. Alles „ein bisschen hippiemäßig“, wie Sam Hardaker zugibt, aber einfach nur: schön.

Übrigens: Der Name Zero 7 geht angeblich zurück auf den Namen einer Strandhütte auf Honduras, wo Henry und Sam einmal ihren Urlaub verbracht haben. Es gab Rum, und im Kassettenspieler liefen immer die gleichen 7 Stücke.

Weblinks:
Zero 7 Official Websiteneues Fenster
Englische Wikipedia: Zero 7neues Fenster
Sia Furler Official Websiteneues Fenster